Landtag Mecklenburg-Vorpommern. Direkt zum Hauptinhalt dieser Seite.Zum Randinhalt dieser Seite.

zum Seitenanfang zum Seitenanfang

Schülerinnen und Schüler aus Stavenhagen trafen die Holocaust-Überlebende Batsheva Dagan

Nicht wegschauen, wenn Unrecht geschieht!

„Ich bin beeindruckt von diesen Schülern“, schwärmt Batsheva Dagan nach dem zweitägigen Ravensbrück-Projekt von den Elftklässlern der Reuterstädter Gesamtschule Stavenhagen. Zutiefst beeindruckt sind auch die Jugendlichen, die der Landtag Mitte Mai zu seinen Begegnungstagen in die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück eingeladen hatte. Vor allem von Batsheva Dagan, die trotz ihres schweren Schicksals herzlich lachen kann und ihnen Zuneigung und Vertrauen entgegenbringt.

„Liebe Frau Dagan, ich bin sehr gerührt von Ihrer positiven Ausstrahlung und Ihrer Lebensfreude“, schreibt Kim nach den zwei erlebnisreichen Tagen und spricht damit wohl allen ihren Mitschülern aus dem Herzen. Alle sind ergriffen von der Lebensgeschichte der zarten Frau, die, weil sie Jüdin ist, nach der schlimmen Zeit im Ghetto von Radom und Zwangsarbeit bei einer Nazi-Familie in Schwerin als 17-Jährige verhaftet und schließlich nach Auschwitz deportiert wurde. Die ihre Eltern und fast alle ihrer acht Geschwister verloren hat, die unvorstellbaren Qualen und Demütigungen, Hunger und Krankheit ausgesetzt war und die dennoch ihren Lebenswillen nie verloren hat.

„Am schlimmsten war es, in ständiger Angst zu leben“, sagt Batsheva Dagan den Schülern. Dass sie überlebte, verdankt sie vielen glücklichen Zufällen – und ihrem unbändigen Willen zu leben und der Welt zu erzählen. Von einer Mitgefangenen lernt sie in Auschwitz sogar Französisch. „Ich wollte etwas für meine Seele tun“, erklärt sie, „etwas, was ich selbst entschieden habe.“ So ist denn auch ihre wichtigste Botschaft an die Schülerinnen und Schüler: Jeder Mensch ist verantwortlich für das, was er tut. „Man hat immer eine Wahl“, sagt sie mit Nachdruck.

Auch Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider bestärkt die Jugendlichen darin, sich für Humanismus, Demokratie und Toleranz einzusetzen und nicht blind Ewiggestrigen hinterherzulaufen. „Ihr seid nicht schuld an den Nazi-Verbrechen“, betont sie. „Aber ihr tragt Verantwortung dafür, was heute und in Zukunft geschieht.“

Das Heute steht am zweiten Projekttag besonders im Fokus. Die Schülerinnen und Schüler diskutieren über viele aktuelle Themen: Flüchtlingspolitik, Willkommenskultur, Rassismus, Ausgrenzung und Mobbing, Zivilcourage, Europa, Rechtspopulismus und -extremismus, Fake-News, Chancen und Gefahren der sozialen Medien, politische Beteiligung für Jugendliche und Erinnerungskultur. Mit am Tisch sitzen dabei neben Sylvia Bretschneider, Batsheva Dagan und Matthias Heyl von der Gedenkstätte Ravensbrück auch die jüngste Landtagsabgeordnete Nadine Julitz, die wie die Schüler in der Müritz-Region zu Hause ist, und ihr Landtags-Kollege Peter Ritter, der in Stavenhagen wohnt.

Zwischen der Ankunft in Ravensbrück und dem abschließenden Gedenken am Mahnmal für die ermordeten Häftlinge liegen nicht einmal 30 Stunden. Und doch haben die Mädchen und Jungen aus Stavenhagen wohl mehr als in -zig Unterrichtstunden gelernt. Wenn sie künftig über Krieg und Faschismus, über Konzentrationslager und Völkermord lesen und hören, werden sie immer auch an Ravensbrück denken – und an die Begegnung mit Batsheva Dagan, die extra ihretwegen aus ihrer heutigen Heimat Israel gekommen war.

Meinungen

  • Wir haben immer eine Wahl. Das, was ich im Kopf habe, kann mir niemand nehmen. Dazu gehören Dinge wie Bildung, Wissen und Fertigkeiten, aber vor allem Eigenschaften wie Mut, Wille und Durchhaltevermögen. Das werde ich stärker versuchen zu leben und an alle Menschen, die mir begegnen, weitergeben. Christian
  • Ich nehme für mein Leben auf jeden Fall mit, dass man zu seiner Meinung stehen muss! Frau Dagan, Sie sind eine sehr starke, beeindruckende und inspirierende Frau, und ich hoffe, dass ich, wenn es darauf ankommt, wenigstens die Hälfte Ihres Mutes und Ihrer Stärke aufbringen kann. Helene
  • Ich habe in diesen zwei Tagen gelernt, dass wir immer eine Alternative haben und wir für unser Handeln selber verantwortlich sind. Johann
  • Ich bewundere Sie sehr dafür, dass Sie niemals aufgegeben haben und dass Sie uns gelehrt haben, dass man immer eine Wahl im Leben hat. Sarah
  • Mir ist klargeworden, dass der Holocaust für uns Schüler heute auch noch ein Thema ist und immer sein wird! Kiki
  • Liebe Frau Dagan, ich bin sehr gerührt von Ihrer positiven Ausstrahlung und Ihrer Lebensfreude. Dank Ihnen beginne ich, die kleinen Freuden des Lebens schätzen zu lernen. Kim
  • Nach diesem Projekt möchte ich mich mehr darauf konzentrieren, auch etwas zu tun, wenn ich Unrecht mitbekomme. Man darf nicht wegschauen, wenn Menschen, die nicht perfekt zu einer Gruppe passen, verstoßen werden. Sophie
  • Liebe Frau Dagan, ich danke Ihnen für diese zwei viel, viel, viel zu kurzen Tage, für Ihren Mut, Ihre Geduld und Ihren Optimismus und Ihr Vertrauen in uns. Für weitere Klassen bitte ich Sie: Machen Sie weiter, so lange Sie können. Martin

 

 

 

Bisherige Projektteilnehmer

1995 Lessing-Gymnasium Neubrandenburg
1996 Goethe-Gymnasium Demmin
1998 Deutsch-Polnisches Gymnasium Löcknitz
1999 Jawaharial-Nehru-Schule Neustrelitz
2000 Kopernikus-Gymnasium Torgelow
2001 Gymnasium Am Sonnenberg Crivitz
2002 Geschwister-Scholl-Gymnasium Bützow
2003 Realschule "Am Mühlenberg" Ribnitz-Damgarten
2004 Regionale Schule IV Hagenow
2005 Joliot-Curie-Gymnasium Röbel
2006 Goethe-Gymnasium Schwerin
2007 Lilienthal-Gymnasium Anklam
2008 Berufliche Schule des Landkreises Ludwigslust
2009 Berufliche Schule des Landkreises Ostvorpommern
2010 Berufliche Schule des Landkreises Güstrow
2011 Oskar-Picht-Gymnasium Pasewalk
2013 Friedrich-Franz-Gymnasium Parchim und Eldenburg-Gymnasium Lübz
2014  Fleesensee-Gesamtschule Malchow
2015 Greifen-Gymnasium Ueckermünde
2016 Richard-Wossidlo-Gymnasium Waren (Müritz)
2017 Reuterstädter Gesamtschule Stavenhagen

Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück

Schlossgespräch mit Batsheva Dagan

Die Holocaust-Überlebende Batsheva Dagan begleitet den Landtag seit vielen Jahren bei Jugendprojekten. Bei einem Schlossgespräch 2012 sprach sie im Plenarsaal des Landtages über ihr Schicksal.
Zur Dokumentation der Veranstaltung