Ostseeparlamentarierkonferenz (BSPC)
Seit 1991 unterstützt die Ostseeparlamentarierkonferenz die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Ostseeraum. Die Konferenz setzt sich aus Vertretern nationaler sowie regionaler Parlamente zusammen.
Als repräsentatives Gremium dient die Konferenz der Stärkung der gemeinsamen Identität des Ostseeraumes. Die Ostseeparlamentarierkonferenz leitet politische Maßnahmen zum Nutzen der Region ein und begleitet diese. Sie fördert die Zusammenarbeit staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen - insbesondere mit dem Ostseerat - und dient als Forum für Meinungsbildung und Informationsaustausch zwischen Parlamenten sowie anderen Gremien und Organisationen auf internationaler und interregionaler Ebene.
Die Resolutionen der Ostseeparlamentarierkonferenz, die Ausdruck eines Konsenses der Abgeordneten aus 11 nationalen, 11 regionalen Parlamenten sowie 5 parlamentarischen Organisationen der Ostseeregion sind, werden traditionell im Landtag abgestimmt. In den Entschließungen wird gleichzeitig die Landesregierung aufgefordert, sich für die einschlägigen Forderungen und Maßnahmenvorschläge einzusetzen und die Abgeordneten über diese zu informieren.
Die Abgeordneten des Landtages setzten sich auch im Rahmen zahlreicher Sondermandate des Landtages aktiv für die Förderung des interregionalen Austausches und Dialogs ein. So verfolgt die Landtagspräsidentin Birgit Hesse als Berichterstatterin für nachhaltigen Tourismus in der Ostseeregion die nationalen und internationalen Entwicklungen in diesem Bereich und stellt diese auf der Jahreskonferenz vor. Zudem hat die Ostseeparlamentarierkonferenz seit 2002 einen Beobachterstatus bei der Helsinki Kommission zum Schutze der Meeresumwelt des Ostseegebiets (HELCOM), den momentan die Erste Vizepräsidentin Beate Schlupp ausübt, wobei sie die maßgeblichen Aktivitäten der HELCOM-Gremien mitverfolgt. Außerdem nimmt der Abgeordnete Jochen Schulte die Rolle des sogenannten Maritimen Berichterstatters wahr und informiert die Konferenz über aktuelle Herausforderungen der integrierten Meerespolitik.
Zur inhaltlichen Aufbereitung und thematischen Untergliederung von Arbeitsschwerpunkten werden darüber hinaus wechselnde Arbeitsgruppen gebildet. Aktuell sind beispielsweise der Abgeordnete Philipp da Cunha als Mitglied und die Erste Vizepräsidentin Beate Schlupp als stellvertretendes Mitglied in der Arbeitsgruppe „Klimawandel und Biodiversität“ aktiv.
Mehr zur Ostseeparlamentarierkonferenz unter: www.bspc.net
BSPC-Arbeitsgruppensitzung in Greifswald - Energieabhängigkeit verringern, saubere und erschwingliche Energie zur Verfügung stellen
Vom 26. bis 28. Mai 2024 fand in der Universitäts‑ und Hansestadt Greifswald die dritte Sitzung der im Jahr 2023 ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe für Energiesicherheit und -unabhängigkeit, Resilienz und Konnektivität der Ostseeparlamentarierkonferenz (Baltic Sea Parliamentary Conference, BSPC) statt. Im Mittelpunkt standen gemeinsame Maßnahmen zur Verringerung der Energieabhängigkeit und die Zusammenarbeit zur Gewährleistung sauberer und erschwinglicher Energie. Vom Landtag Mecklenburg-Vorpommern nahmen der amtierende, stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Herr Philipp da Cunha, MdL sowie Frau Vizepräsidentin Beate Schlupp, Frau Beatrix Hegenkötter, MdL, Frau Dr. Anna-Konstanze Schröder, MdL, Frau Katy Hoffmeister, MdL und Frau Sabine Enseleit, MdL teil.
Traditionell zielen die Arbeitsgruppen der BSPC darauf ab, den Austausch von Wissen und bewährten Verfahren in Bezug auf aktuelle Herausforderungen, die den gesamten Ostseeraum betreffen, zu fördern und Forderungen der Gesamtkonferenz für die Resolution (Sommer 2024) zu erarbeiten.
Die Veranstaltung begann am Sonntagabend, dem 26. Mai 2024, mit einem gemeinsamen Besuch der Ausstellung zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald. Am Montagvormittag wurde die Sitzung durch Herrn Dr. Christian Suhm, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald eröffnet, das seine Räumlichkeiten der Arbeitsgruppe zur Verfügung gestellt hatte. Zudem wurden die rund 40 Teilnehmenden aus dem gesamten Ostseeraum durch Herrn Dr. Stefan Fassbinder, Oberbürgermeister von Greifswald, begrüßt und willkommen geheißen.
Schutz kritischer Infrastruktur
Zu Beginn der Sitzung betonte der amtierende Arbeitsgruppenvorsitzende Philipp da Cunha, MdL, dass die Gewährleistung sauberer und erschwinglicher Energie sowie deren Sicherheit ein gemeinsames Ziel des Ostseeraums sei. Greifswald sei vor diesem Hintergrund das optimale Ziel der Arbeitsgruppe, denn mit dem Standort Lubmin werde ein Herzstück der Energieversorgung des Landes sichergestellt.
Herr Christian Pegel, Minister für Inneres, Bau und Digitalisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, hob in seinem Grußwort hervor, dass die Sicherheit der kritischen Infrastruktur elementar für das Zusammenleben sei. Kommunikations- und Stromnetze müssten ausreichend geschützt werden. Mecklenburg-Vorpommern weise eine große Anzahl kritischer Infrastrukturen auf, darunter der Hafen in Rostock, zahlreiche Windparks, Gasleitungen und LNG-Terminals. Angesichts der jüngsten Entwicklungen im Ostseeraum finde verstärkt ein Informationsaustausch zwischen Landes- und Bundesbehörden statt, jedoch könne eine Zentralisierung der Zuständigkeiten für den gesamten Ostseeraum eine effektivere gemeinsame Maßnahme darstellen. Zudem sollte die NATO stärker für den Schutz des Ostseeraums sensibilisiert werden.
Die Diskussion über die Sicherheit kritischer Infrastrukturen wurde in einem Gespräch mit Herrn Franco Accordino, Referatsleiter „Investitionen in Netze hoher Kapazität“, Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien der Europäischen Kommission, vertieft. Im Mittelpunkt stand die europäische Vision für die Konnektivität in der digitalen Wirtschaft. Ziel der Europäischen Kommission sei der Aufbau einer intelligenten, leistungsfähigen und widerstandsfähigen EU-Backbone-Infrastruktur, die Gewährleistung der Souveränität der EU in Bezug auf kritische Vermögenswerte sowie die Stärkung der EU-Präsenz im globalen Kontext. Die Finanzierung solle aus einer Mischung aus Fonds und privaten Investitionen bestehen.
Anschließend berichtete Prof. Dr.-Ing. Andreas Noack von der Hochschule Stralsund über die Themen Cybersicherheit und Cyberverbrechen. Kriminelle Aktivitäten im Cyberraum stellten eine immer größere Gefahr für die Gesellschaft dar. Unternehmen würden zunehmend in ihre Cybersicherheit investieren. Angreifer kämen aus verschiedenen Bereichen, darunter Geheimdienste, Terroristen, organisierte Kriminalität, Hacker-Gruppen und Individuen. Die größte Gefahr sei das „Social Engineering“, bei dem menschlichen Schwächen ausgenutzt werden, um Sicherheitslücken zu schaffen oder zu finden. Cyberattacken würden teilweise über viele Jahre vorbereitet und durchgeführt. Ein möglicher Schritt in Richtung Prävention sei der vermehrte Einsatz von Open-Source-Anwendungen, da diese umfassender analysiert werden könnten.
Über die Sicherheit von Windkraftanlagen referierte Herr Dr. Henrich Quick, Leiter Offshore bei 50Hertz Transmission GmbH. Offshore-Turbinen seien besonders anfällig für Drohnenangriffe. Deshalb sei ein umfassendes Sicherheitskonzept erforderlich. Auch tief im Wasser liegende Kabel seien nicht unantastbar. Gleichzeitig sei die Netzausbaukarte mit allen Projekten im 50Hertz-Netzgebiet öffentlich zugänglich. Das Ziel russischer Scouting-Aktivitäten in der Ostsee sei daher nicht die Kartierung der Infrastruktur, sondern vielmehr die Abschreckung von potentiellen Investoren. Dieser geschürten Angst und Unsicherheit dürfe man nicht zum Opfer fallen.
Energietransformation und Verringerung der Energieabhängigkeit
Herr Prof. Dr.-Ing. Thomas Luschtinetz von der Hochschule Stralsund berichtete über die Entwicklung und Perspektiven von Wasserstoff. Der Import von grünem Wasserstoff nach Deutschland könne besonders für Mecklenburg-Vorpommern bedeutend sein, da er zu einem deutlichen Anstieg von Arbeitsplätzen und zur Steigerung der Wertschöpfung führen könnte. Es bedürfe eines stärkeren Wissensaustauschs mit der Industrie und der Schaffung von Transportwegen, um das Potenzial von Wasserstoff sinnvoll zu nutzen. Aufgabe der Politik sei es, die erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und unterstützend tätig zu werden.
Um den CO2-Ausstoß im Ostseeraum und die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten zu verringern, sei es notwendig, industrielle Aktivitäten zu dekarbonisieren. Frau Dr. Gabriele Hoffmann, Referentin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern stellte das Projekt „GreenIndustrialAreas“ vor, das sich genau dem angenommen hat. Ziel des Projekts sei die Zertifizierung grüner (klimaneutraler) Industriegebiete, um Innovationen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes zu fördern. Ein transnationaler Standard zur Zertifizierung grüner Industriegebiete solle durch eine Toolbox ergänzt werden, die Entscheidungsträgern einen Überblick über modernste Technologien zur Dekarbonisierung gewerblicher Aktivitäten bietet.
Sodann gab Herr Prof. Dr. Stephan Knabe, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen ReGas, einen Überblick über das Unternehmen und dessen Beitrag zur Energiewende. Neben einem LNG-Terminal in Lubmin begannen in diesem Jahr die Vorbereitungen für ein Energie-Terminal in Mukran. Einen weiteren Schwerpunkt bilde die Planung der H2-Großelektrolyseanlage in Lubmin, mit der grüner Wasserstoff produziert werden soll. Der für die Produktion benötigte Strom soll aus Offshore-Windstrom und Onshore-Strom stammen. Ziel sei es, dass der grüne Wasserstoff über die geplante Pipeline von GASCADE in das zukünftige Wasserstoffnetz eingespeist werde. Mit Frau Katrin Zschau, der Vorsitzenden des Ausschusses für Klimaschutz und Energie des Deutschen Bundestages, war zudem eine sachkundige Person zugegen, die insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Umwelt für optimierungsbedürftig hielt, um die Interessen der Wirtschaft am Schutz von teuren Einrichtungen im Ostseeraum zu verbessern – als Beispiel nannte sie Unterwasserkabel und Windenergieanlagen.
Ein Blick in die Zukunft und eine Reise in die Vergangenheit
Die Abgeordneten konnten die Energiewende in Greifswald durch zwei vor-Ort-Unterrichtungen hautnah erleben. Herr PD. Dr. Andreas Dinklage stellte zunächst den Aufbau und die Funktionsweise der Experimentieranlage „Wendelstein 7-X“ im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald vor. Während der anschließenden Besichtigung diskutierten die Abgeordneten mit den Experten die Kraftwerkseignung des Bautyps „Stellarator“ und das Potenzial der Fusionsenergie als alternative Energiequelle.
Nach einem Vortrag von Herrn Kurt Radloff, Abteilungsleiter Unternehmenskommunikation der „Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH“ (EWN), über den Abbau von Nuklearanlagen und die Herausforderungen bei der Dekontamination von Baustoffen sowie der Endlagersuche für kontaminierte Abfälle, besichtigten die Abgeordneten das stillgelegte und im Abbau befindliche Kernkraftwerk Greifswald in Lubmin.
Arbeitsgruppe: Planung und Ausblick
Nach den Vorträgen und dem Austausch mit Sachverständigen besprachen die Abgeordneten unter Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Philipp da Cunha, MdL, den Zwischenbericht sowie die Handlungsempfehlungen für die 33. Ostseeparlamentarierkonferenz, die vom 25. bis 27. August in Dänemark stattfinden wird. Es wurden vorläufige Vorschläge und Forderungen für die Resolution erarbeitet, die im Konsens aller Mitgliedsparlamente auf der Jahreskonferenz beschlossen werden sollen.
Die nächste Sitzung der BSPC-Arbeitsgruppe für Energiesicherheit und -unabhängigkeit, Resilienz und Konnektivität wird vom norwegischen Parlament ausgerichtet und findet am 24.–26. November 2024 statt.
Benennung der Delegation des Landtages Mecklenburg-Vorpommern für die 8. Wahlperiode
Der Landtag arbeitet vor dem Hintergrund des Artikels 11 der Verfassung des Landes im Rahmen seiner internationalen Zusammenarbeit intensiv u.a. in zwei parlamentarischen Kooperationsformen im Ostseeraum mit.
Zu Beginn jeder Wahlperiode ist eine Neubesetzung der jeweiligen Delegationen des Landtages erforderlich.
In der Ostseeparlamentarierkonferenz (Baltic Sea Parliamentary Conference - BSPC) arbeiten 24 nationale und regionale Parlamente aus dem Ostseeraum zusammen. Das Engagement des Landtages ist zuletzt dokumentiert in der 8. Wahlperiode durch die Annahme der fraktionsübergreifenden Entschließung auf Drs. 8/109 zu den Ergebnissen der 30. Jahreskonferenz, die online stattgefunden hat.
Inhaltlich geht es im Rahmen der Jahreskonferenzen stets um die Zusammenarbeit im Ostseeraum, daneben werden weitere Schwerpunktthemen der Konferenz und des jeweiligen Gastgebers beraten. Derzeit verhandelt eine Arbeitsgruppe der Konferenz zum Thema „Klimawandel und Biodiversität".
Die Benennung der Fraktionen lautete wie folgt:
Fraktion | Ostseeparlamentarierkonferenz (BSPC)
|
SPD
| Präsidentin Birgit Hesse (Sondermandat) Thomas Krüger Philipp da Cunha (Sondermandat) |
AfD | Jens-Holger Schneider |
CDU
| Katy Hoffmeister Erste Vizepräsidentin Beate Schlupp (Sondermandat) |
DIE LINKE | Christian Albrecht |
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN | Anne Shepley |
FDP | Sabine Enseleit |